Hägele, Ramona / Mirja Schoderer
Die aktuelle Kolumne (2021)
Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne vom 28.06.2021
Am 1. Juni wurde die UN-Dekade zur Ozeanforschung feierlich eröffnet. Bundeskanzlerin Angela Merkel, UN-Generalsekretär António Guterres und andere Redner*innen hoben dabei nicht nur den Stellenwert des Ozeans als Nahrungsquelle, Energieversorger und Handelsweg hervor, sondern stellten vor allem seine Funktion als Kohlenstoffsenke in den Vordergrund. Diese Funktion macht den Ozean zu einem Kerngegenstand der Klimawandelforschung. Dennoch spielt er in der Klimapolitik sowie in Klimaverhandlungen bisher nur eine untergeordnete Rolle. Wie mehrere hochrangige Redner*innen betonten, wissen wir mehr über den Mond als über den Ozean. Entsprechend ist die Ausweitung mariner CO2-Beobachtungen ein essentielles Anliegen der UN-Dekade, da Langzeitbeobachtungen von marinem Kohlenstoff die Grundlage für die Erforschung des Kohlenstoffkreislaufs des Erdsystems abbilden.
Der Ozean hat seit der vorindustriellen Zeit fast 40% der fossilen Kohlenstoffemissionen absorbiert. Der Anstieg der Emissionen strapaziert diese Kapazität jedoch zunehmend, da die Ozeantemperatur und -versauerungsraten steigen. Diese Entwicklungen wirken sich direkt auf die Fähigkeit des Ozeans aus, Kohlenstoff zu speichern, beeinflussen aber auch die atmosphärischen Bedingungen und bedrohen Meeres- und Küstenökosystem. Zunehmend wenden sich auch Diskussionen zur Kohlenstoffspeicherung dem Ozean zu. Solche Ansätze zielen darauf ab, nicht nur den oben genannten negativen Trend aufzuhalten, sondern die Kapazität des Ozeans zur Aufnahme von atmosphärischem CO2 noch zu erhöhen. Dies verdeutlicht die enge Verbindung zwischen marinen Kohlenstoffwerten und dem Erreichen globaler Klimaziele. Marine CO2-Messungen liefern wesentliche Inputs für (inter-)nationale Klimawandelszenarien, Klimaverhandlungen und -politik. Entsprechend haben marine Kohlenstoffmessungen eine inhärente politische Dimension.
Aufgrund dieser politischen Dimension ist es besonders wichtig, Daten über marine CO2-Beobachtungen offen zu teilen, sowie sie für verschiedene Nutzer*innen kognitiv zugänglich und vertrauenswürdig zu machen. Hierfür müssen Daten in verständliche Produkte übersetzt werden, die transparent Unsicherheiten sowie Verhandlungen, die bei ihrer Erstellung stattfinden, darlegen. Während das internationale Netzwerk mariner CO2-Beobachtungen bereits eng miteinander verknüpft ist und in der Wissenschaft ein weitgehender Konsensus über die Notwendigkeit eines offenen Datenaustauschs herrscht, erschweren administrative Hürden und begrenzte Kapazitäten noch immer den Prozess. Ebenso wie der Ausbau mariner Kohlenstoffbeobachtungen stellt dies eine wichtige Herausforderung dar, die es zu bewältigen gilt, um nicht nur „einen vorhersehbaren Ozean“, sondern auch „einen zugänglichen Ozean“ gemäß den Zielen der UN-Ozeandekade zu schaffen.