Warum wir einebessere Governance von Meeresschutzgebieten brauchen
Lehmann, Ina
Die aktuelle Kolumne (2021)
German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne vom 07.06.2021
Meeres- und Küstenökosysteme sind eine lebenswichtige Nahrungsquelle für den Menschen und können einen wichtigen Schutz vor Bedrohungen wie Überschwemmungen und Stürmen bieten – nicht zuletzt im Kontext des globalen Klimawandels. Und doch steht die biologische Vielfalt der Meere unter enormem Druck und damit auch die Lebensgrundlage der Menschen. Um die Wissensbasis für den Schutz der Ozeane zu stärken, haben die Vereinten Nationen am 1. Juni die Dekade der Meeresforschung für nachhaltige Entwicklung ausgerufen. Das generierte Wissen soll unter anderem in bestehende internationale Rahmenwerke zum Schutz der Ozeane einfließen. Dazu gehört das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity – CBD), das umfassendste Abkommen zum Erhalt der globalen Artenvielfalt. Seine Vertragsparteien werden voraussichtlich im Oktober dieses Jahres einen auf zehn Jahre angelegten neuen globalen Rahmen zum Erhalt der globalen Biodiversität verabschieden. Dieser sieht eine signifikante Ausweitung von Meeresschutzgebieten als zentralen Ansatz zum Schutz der marinen Ökosysteme vor. Im Lichte fortbestehender Herausforderungen für die effektive und gerechte Implementierung von Meeresschutzgebieten ist dringend ein besseres Verständnis der hierfür förderlichen Governance-Mechanismen notwendig.
Schutzgebiete sind seit jeher eine zentrale Säule der Naturschutzpolitiken der CBD. Der strategische Plan der CBD-Vertragsstaaten für den Zeitraum 2011-2020 sah vor, dass bis 2020 „mindestens (…) 10 % der Küsten- und Meeresgebiete“ durch Schutzgebiete oder andere effektive gebietsbezogene Schutzmechanismen (Other effective area-based conservation mechanisms – OECMs) erhalten werden sollen. Bei diesen Schutzmechanismen handelt es sich nicht um rechtlich deklarierte Schutzgebiete und der Schutz solcher Gebiete ist nicht notwendigerweise ihr erklärtes Hauptziel, doch erfüllen sie ähnliche Funktionen. Laut dem 5. Biodiversitätsbericht der CBD waren im August 2020 etwa 7,5 % der Meeresflächen als Schutzgebiete deklariert. Diese Zahl ist vermutlich höher, wenn man die OECMs mit einbezieht. Erst in den vergangenen zwei Jahrzehnten wurden die Meeresschutzgebiete massiv ausgeweitet: Ihre Fläche ist im Zeitraum 2000-2020 fast um das zehnfache angewachsen. Der Vorentwurf des voraussichtlichen neuen globalen Biodiversitätsrahmenwerks (Global Biodiversity Framework) sieht vor, 30 % der Meeresflächen durch Schutzgebiete oder OECMs unter Schutz zu stellen.