am Lehrstuhl für Globalen Wandel und Systemische Risiken, Universität Bonn
Entwicklung einer Forschungsstrategie zu nachhaltigem Konsum
Unser derzeitiger Konsum von Produkten und Dienstleistungen hat weltweit zu ernsthaften sozial-ökologischen Problemen geführt. Der Klimawandel ist beispielsweise eines der drängendsten Umweltprobleme, welcher seit Mitte des 20. Jahrhunderts hauptsächlich durch menschliche Produktions- und Konsummuster verursacht wird. Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion haben daher als eines der offiziellen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDG 12) einen prominenten Platz in der UN-Agenda 2030 erhalten.
Angetrieben von technischen Innovationen standen Effizienzstrategien (z.B. Materialeffizienz in der Güterproduktion) bisher im Mittelpunkt praktischer Nachhaltigkeitsbemühungen. Allerdings haben Rebound-Effekte dazu geführt, dass die immensen Effizienzgewinne der letzten Jahrzehnte durch erhöhten Konsum (über)kompensiert wurden. Da die globalen Konsum- und Produktionsniveaus weiterhin stark ansteigen, kritisieren die Befürworter des so genannten „starken“ Verständnisses von nachhaltigem Konsum zunehmend den alleinigen Fokus auf Effizienz („schwaches“ Verständnis). Stattdessen fordern sie radikalere, systemische Veränderungen, einschließlich der Infragestellung des gegenwärtigen Wirtschaftswachstumsmodells.
Angesichts der ungelösten Probleme, die einen echten Wandel hin zu einer nachhaltigen Entwicklung momentan verhindern, ist es eines der Ziele des Lehrstuhls für Globalen Wandel und Systemische Risiken, eine Forschungsstrategie zu nachhaltigem Konsum zu entwickeln, die die Trennung zwischen „starken“ und „schwachen“ Ansätzen überwindet. Zukünftige Forschungsbemühungen sollen das vorherrschende Effizienzparadigma erweitern, indem sie die weniger ausgeprägten Konzepte der Konsistenz (zirkuläre Nutzung von Ressourcen) und der Suffizienz (Ermittlung nachhaltiger Konsumniveaus) einbeziehen.
Aus einer multiperspektivischen und interdisziplinären Sichtweise heraus diskutiert das Lehrstuhlteam aktuell Themen wie z.B. Geschäftsmodelle und politische Maßnahmen eine Kreislaufwirtschaft, Suffizienzpotentiale und -werte, Chancen und Risiken der Digitalisierung sowie ganzheitliche Nachhaltigkeitskennzeichnungen. Das methodische Vorgehen wird sich auf die Expertise des Lehrstuhls stützen, d.h. auf fortgeschrittene, moderne Methoden der quantitativ-empirischen Sozialforschung mit besonderem Schwerpunkt auf Befragungs- und Experimentiertechniken.
Verbindung zur Bonner Allianz für Nachhaltigkeitsforschung
Die Bonner Allianz für Nachhaltigkeitsforschung umfasst BICC (Bonn International Center for Conversion), das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE), die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS), das Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen (UNU-EHS) und die Universität Bonn mit ihrem Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF). Ziel des Forschungsverbundes ist es, Projekte im komplexen Themenfeld der nachhaltigen Entwicklung mit gebündelter Expertise und Erfahrung anzugehen.
Um das gemeinsame Ziel, den Innovation Campus Bonn (ICB) – eine Plattform für die gesellschaftsweite Arbeit an einer nachhaltigen Zukunft – zu schaffen, wurden zunächst drei Forschungsschwerpunkte festgelegt: Digitalisierung und Künstliche Intelligenz, Mobilität und Migration und Bioökonomie. Das Forschungsgebiet Nachhaltiger Konsum wird derzeit in das Forschungsprogramm des ICB integriert, speziell im Bereich der Bioökonomie.
Zukünftige Forschungsprojekte werden von einer konstruktiven Zusammenarbeit mit Partnern inner- und außerhalb der Bonner Allianz für Nachhaltigkeitsforschung stark profitieren. Bei Interesse an einer Zusammenarbeit im Bereich des nachhaltigen Konsums, kontaktieren Sie bitte:
Kathleen Jacobs
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
E-Mail: kathleen.jacobs@uni-bonn.de
Aktuelle Publikationen zu nachhaltigem Konsum:
Green thinking but thoughtless buying? An empirical extension of the value-attitude-behaviour hierarchy in sustainable clothing
Coming out of the niche? Social banking in Germany: An empirical analysis of consumer characteristics and market size
Bisherige Forschung und Kooperationen zu nachhaltigem Konsum
Die bisherige Forschung zu nachhaltigem Konsum am Lehrstuhl für Globalen Wandel und Systemische Risiken hat sich auf innovative Wege des Nachhaltigkeitslabeling konzentriert. In zwei fast abgeschlossenen Projekten wurden Konzepte der Konsumpsychologie mit Nachhaltigkeitsindikatoren aus den Bereichen der Industrieökologie und der Kreislaufwirtschaft kombiniert. Die Ergebnisse beider Studien wurden kürzlich bei internationalen, von Experten begutachteten Journalen im Bereich des Nachhaltigkeitsmanagements eingereicht.
1. Effekte von positiven und negativen Umweltinformationen auf das Kaufverhalten
Das Projekt untersucht, wie die Zahlungsbereitschaft der Konsumierenden auf günstige und ungünstige Informationen über den CO2-Fußabdruck von Produkten reagiert.
Kooperationen mit:
- Fachbereich Wirtschaft, Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Alfter
- Centre for Sustainability Management, Leuphana Universität Lüneburg, Lüneburg
2. Effekte von Produktlebensdauerlabeling auf das Kuafverhalten
Das Projekt untersucht, welchen Einfluss die Kennzeichnung der Produktlebensdauer auf die Kaufentscheidung für Elektrogeräte hat und welche Motivationsfaktoren den Verbraucherpräferenzen für Produktlanglebigkeit zu Grunde liegen.